In dem Moment in dem man sich im Landeanflug auf Kathmandu befindet, wird man bereits von den vielen Eindrücken übermannt.
Der erste Blick fällt auf die vielen Häuser, die so nah wie möglich an die Landebahn gebaut sind, am Boden dann das geschäftige Treiben am Flughafen und natürlich die vielen Menschen, die sich auf die Ankommenden aus dem Flugzeug freuen. Um so erschreckender war der erste Blick auf die Polizisten, die versuchten mit dünnen Stöcken die Wartenden in den aus ihrer Sicht angebrachten Wartebereich zurückzudrängen. Die Freude über das Wiedersehen mit Ann-Katrin und Jörg nach so langer konnte diese Szene aber nicht trüben.
Vom Flughafen ging es dann mit dem Taxi nach Thamel in das Guest House, in dem wir übernachtet haben. Der erste Eindruck der Stadt war laut, dreckig und chaotisch. Der Verkehr fließt nur sehr zäh durch die Stadt, deren Straßen die meiste Zeit von Autos, Motorrädern, Tuktuks, Bussen und Rikschas verstopft sind, so dass es auch nicht verwundert, dass eine enorme Smogwolke über der Stadt liegt und jeder Dritte dagegen einen Mundschutz trägt. Jeder hupt aus mehr oder weniger ersichtlichen Gründen und dazwischen quetschen sich Menschen durch, um die Straße zu überqueren (auch ich musste lernen loszulaufen, sonst wäre ich nie über Straße gekommen 😃). Nachdem wir in der schönen Unterkunft angekommen waren und ich ausgepackt hatte, ging es weiter in ein gemütliches Café in dem wir erstmal in Ruhe quatschen konnten um die letzten 6 Monate aufzuholen 😊. Dort erlebte ich auch den ersten von mehreren Stromausfällen, die immer wieder vorkommen, da die Stromverteilung auch eher unter den ersten Eindruck "chaotisch" fällt. Die Stromproduktion in Nepal ist hingegen sehr zuverlässig und durch den Einsatz von Wasserkraftwerken sehr umweltfreundlich.
Am nächsten Tag entschieden wir uns nach einem ausgiebigen Frühstück die Stadt zu Fuß zu erkunden. Unser erster Stopp führte uns zum Clock Tower, direkt neben dem College. Obwohl zu der Zeit
Ferien waren, durften wir auf das Gelände und haben einen ersten Blick darauf bekommen, welche Auswirkungen das Erbeben im April 2015 auf die Stadt hatte. Immer noch sieht man Risse in den Wänden
von Gebäuden oder Stützen um diese zu stabilisieren. Die Hilfsgelder kommen nur langsam bei den Menschen an und zum Teil fehlen wohl auch technische Lösungen, wie man die Gebäude erhalten kann.
Danach ging es weiter zum ehemaligen Königspalast, der vor ein paar Jahren in ein Museum umgewandelt wurde, um an die 2001, bei einem vom Prinzen durchgeführten Massaker, getötete Königsfamilie
zu erinnern (er starb ebenfalls), dann zum Sitz des Premierministers und seines Kabinetts und dem Parlament. In Nepal wurde 2008 die Monarchie abgeschafft und der Übergang in eine
"konstitutionelle demokratische Republik" beschlossen, eine neue Verfassung sollte geschrieben und verabschiedet werden. Durch den hiermit verbundenen Streit der Partien wurde Nepal politisch
sehr instabil, so dass die neue Verfassung erst im September 2015 verabschiedet wurde und die bisher gewählten Regierungen jeweils nur ein paar Monate im Amt blieben (was wiederum Einfluss auf
den Wiederaufbau nach dem Erdbeben hat).
Auf unserer Entdeckungstour ging es dann durch den größten Markt, den ich so je gesehen habe. Gebaut war der Markt aus Bambusrohren, die zum Schutz vor Regen und Schmutz mit blauen Plastikplanen
bedeckt waren - kein Wunder, dass es bei über 30 Grad und hoher Luftfeuchtigkeit draußen auch darunter sehr schwül und stickig war... Am beeindruckendsten waren die Stoffstände mit ihren
schillernden Tücher in allen erdenklichen Farben, aber auch ansonsten konnte man dort alles Erdenkliche kaufen.
Am nächsten Tag haben wir uns dann Tempelanlagen der beiden am stärksten vertretenen Religionen in Kathmandu angesehen - dem Hinduismus gehören mit 81% die meisten Nepalesen an, gefolgt vom Buddhismus mit 9% (Stand 2011). Die erste Station war Pashupatinath, die größte Tempelanlage des Hinduismus in Nepal. Hier werden neben Shiva, der wichtigsten Göttin, auch die anderen ca. 33.000 Götter verehrt, ihnen Opfer gebracht und Tote bestattet. Es war bemerkenswert wie nah hier Leben und Tod, Alltag und Religion, Menschen und Tiere beieinander lagen. Da es sehr schwer ist die Orte mit Worten zu beschreiben, versuchen wir es einfach mit Fotos 😃
Meinen letzten Tag haben Ann-Katrin und ich dann erst einmal ganz entspannt mit einem Frühstück und einer Yoga-Stunde begonnen, die echt Spaß gemacht und gut getan hat!! Tiefenentspannt haben wir uns mit Jörg getroffen und sind dann gemeinsam Richtung Durbar Square aufgebrochen. Der Durbar Square ist der Platz vor dem alten königlichen Palast des Kathmanduischen Königreichs, erstmals wurde er unter König Ratna Malla (1484–1520) als solcher genutzt. Es war einer von drei königlichen Plätzen im Kathmandutal in Nepal, die heute UNESCO-Weltkulturerbe sind. Der Platz war umgeben von mehr als 50 Pagoden, Tempeln und Palästen, die meist aus Holz waren und die Kunstfertigkeiten der Newar zeigten und von denen viele beim Erdbeben im April 2015 zerstört wurden (teilweise werden sie im Moment wieder aufgebaut). Am beeindruckendsten war für mich der Tempel der Living Godess, einem Mädchen, das als lebendige Göttin verehrt wird, bis sie in die Pubertät kommt. Dann verliert sie den Status der Living Godess und ein anderes Mädchen wird auserwählt. Dabei muss das Mädchen zwischen 3 und 5 Jahren alt sein, aus einer bestimmten Familie stammen und ein "perfektes" Gesicht haben. Das Mädchen zieht dann alleine in den Tempel der Living Godess ein, wird dort von ausgewählten Frauen betreut und bei bestimmten religiösen Anlässen auf einer Trage durch die Stadt getragen und verehert. Ihre Familie darf sie in dieser Zeit besuchen, aber nicht dort übernachten, erhält aber ebenfalls Unterstützung und Ehre.
Die Zeit verging wie im Flug und am Ende waren es viele Eindrücke, die mich noch lange begleiten werden. Aber am tollsten war es, euch wiederzusehen und an der Stelle ein riesiges DANKE!!! an euch! Denn es ist nicht entscheidend wohin man reist, sondern mit wem, getreu dem chinesischen Sprichwort:
"Einen alten Freund in der Fremde zu treffen ist wie labender Regen nach langer Trockenheit"
Kommentar schreiben
die Alten (Donnerstag, 01 Dezember 2016)
Ein schöner Beitrag und gut recherchiert! Das chinesische Sprichwort trifft den Nagel auf den Kopf. Wir genießen es, an allen Besuchen und Ländern teilzuhaben und freuen uns bald wieder dabei zu sein.
Oma Renate (Donnerstag, 01 Dezember 2016 19:29)
Liebes fremdes Mädchen , liebe Weltenbummler,
ist das herrlich, wieder einen Eintrag und damit das Neueste aus Nepal zu erfahren !
Mir hat dieser Bericht wieder mal viel Freude bereitet- danke dafür !-Mit Begeisterung habe ich Ihre Beschreibung des Landeanfluges in Kathmandu, die Situationen im dortigen Straßenverkehr, sowie die Stadt gelesen. Das Überqueren einer solchen voll befahrenen Straße erinnert mich an die Türkei .Um in Istanbul allein auf die andere Seite zu kommen , haben wir einen riesengroßen roten Schirm aufgespannt und vor uns hergeschoben , damit wir nicht unter die Räder kamen . Wahnsinn ! -Bei dem Wierdersehen wäre ich zu gern dabei gewesen !!!Da gab es bestimmt unendlich viel zu erzählen.
Ja, das Erdbeben vom April 2015 wird wohl noch sehr lange auf den armen Menschen lasten, das ist sehr , sehr schlimm.Aber das Parteiengerangel zur Regierungsbildung erklärt auch , dass nicht kontinuierlich am Wiederaufbau bzw. an der Behebung der furchtbaren Schäden gearbeitet wird.
Viele Ihrer Fotos beeindrucken mich , auch weil solche Situationen unvorstellbar sind , z. B. die Arbeit an den Oberleitungen , dem Strippengewirr.
Dass Jörg und der Affe sich angefreundet haben , ist prima. Ich hätte Angst , gebissen zu werden.
Alles in allem- eine toller Einblick in das Leben in Nepal , aber auch in Ihre gemeinsame Zeit mit Ann-Katrin und Jörg.
Das chinesische Sprichwort , Ihr Schlusswort , sagt alles !
Unseren beiden jungen Leuten ( ich weiß , sie sind nun bereits in Indien ) wünsche ich weiterhin so interessante Erlebnisse und auch Ihnen alles , alles Gute !
Es grüßt Sie -Jörgs Oma Renate.
Chrissy (Freitag, 02 Dezember 2016 22:38)
I like