Viel haben wir gehört. Viel haben wir gelesen. Viel wurden wir gewarnt und viel wurde geschwärmt. Natürlich waren wir unheimlich gespannt was uns denn im Iran erwarten würde. Viel hatten wir erwartet und noch viel mehr haben wir bisher zu sehen bekommen. Der Iran ist in allen Facetten ein höchst interessantes Land. Abgesehen vom chaotischen Verkehr ist schier alles neu oder anders für den Overlander.
Das Land wartet gleich zu Beginn mit recht komplizierten Visa- und Grenzformalitäten auf, gefolgt von der Suche nach Wechselstuben. Da das Land noch nicht an das internationale Bankensystem angeschlossen ist, kann man hier mit unseren vielen schönen Karten nichts anfangen. Nur Bares ist Wahres! Weiter geht es mit dem Kopftuch und dem langem Oberteil für die Damen und langer Hosen für die Männer. Ja, auch bei 45°C und mehr. Direkt nach dem Grenzübertritt überrascht uns der Iran aber erstmal mit angenehm kühlen Temperaturen und sattgrünen Bergen. Eingereist an einem Freitag, dem Sonntag der Muslime, dürfen wir direkt sehen was Iraner so an ihren freien Tagen machen. Campen! Die ersten 80km im Land war nicht mal eine Parkmöglichkeit am Straßenrand zu erahnen. Es reihen sich Wurfzelt an Gaskocher an Wurfzelt an Gaskocher an Teppich an Wurfzelt an Teppich an Gaskocher usw. Zwei Dinge sind dabei unabdingbar. Ein Teppich, in der Größe passend zur Familie und ein Gaskocher. Mit diesen zwei einfachen Utensilien lässt sich das ganze Volk problemlos das ganze Wochenende beschäftigen. Das ist gut so. Für uns ein kleiner Vorgeschmack auf die Gastfreundlichkeit von der wir schon gehört hatten. Doch zurück zum Gaskocher. Dieser dient vornehmlich dazu 5 Gänge Menüs auf den Teppich zu zaubern und literweise Tee zu kochen. Ihn gibt es überall. Die Gasflaschen werden Teils am Straßenrand direkt nachgefüllt und die Brenner repariert. Kann eigentlich nichts schief gehen. Vielleicht sind die Perser deshalb so entspannt.
So fahren wir am ersten Tag entlang der Grenze zu Azerbaijan in Richtung Ardebil. Dort trifft uns gleich ein Meilenstein der sehr langen Iranischen Geschichte, der Mausoleumskomplex von Safi ad-Din. Er gründete während der Zeit der mongolischen Besatzung im 13. und 14. Jhd. den Safawiye-Orden, welcher ca. 150 Jahre später die Herrschaft des Landes übernehmen sollte.
Unsere weitere Route führt uns über Zanjan und Soltaniye bis nach Teheran. Soltaniye ist einer der wenigen Orte, die von den Mongolen nicht zerstört, sondern aufgebaut wurden. Wegen des milden Sommerklimas wurde es für wenige Jahre zur Sultanresidenz und Reichshauptstadt, bevor man es anschließend verfallen lies. Heute ist lediglich noch das beeindruckende Mausoleum zu sehen.
Angekommen in Teheran wollten wir auf schnellstem Wege unser turkmenisches Visum beantragen. Was leider vollkommen schief ging. Das usbekische Visa das wir in noch in Baku beantrag hatten war nicht fertig und so mussten wir es erneut beantragen. Nach 3 Behördentagen hatten wir letztlich alles zusammen und wurden gebeten in 10 Tagen wieder zu kommen.
So haben wir beschlossen in der Zwischenzeit eine kleine Runde durch den Süden zu drehen um danach hier her zurück zu kommen. In Qom besichtigen wir die Moschee von Jamkaran. Der Iran lehrt uns neben Gastfreundschaft und Geschichte auch einiges über die Staatsreligion. Der wichtigste Fakt: 90% der Iraner sind, im Gegensatz zu den meisten Muslimen, Schiiten. Im Unterschied zu den Sunniten glauben sie neben dem Propheten Mohammed auch an 12 Imame. Außergewöhnliche Persönlichkeiten, welche in der Lage waren den wahren Sinn der Offenbarung zu erkennen. Hier in Jamkaran soll irgendwann der zwölfte, entschwundene Imam Mahdi zurückkehren und eine friedliche Welt erschaffen. Wir kommen einen Tag vor seinem Geburtstag und sehen nur die Vorbereitungen für die Millionen zu erwartenden Gäste. Etwas abseits vom Trubel suchen wir uns einen guten Platz in den nahegelegenen Bergen zum Übernachten. Morgens kommt uns die Polizei abholen. Im Revier spricht dann jemand Englisch und alles ist schnell geklärt.
In Esfahan sind wir dann gleich mehrere Tage versackt. Zum einen weil die Hauptstadt der Safawidendynastie, zu welcher wir ja schon in Ardebil Kontakt hatten, ihren Glanz in den letzten 500 Jahren nicht verloren hat. Zum Anderen weil wir hier unheimlich tolle Menschen getroffen haben. Wir hangeln uns von Besichtigung zu Einladung zu Teppich und letztendlich auch zu einer Hochzeit. Danke an dieser Stelle an das unbekannte Brautpaar. Doch dazu später mehr.
Nachdem wir uns dann doch von Marjan, Mr. Reza und ihren unglaublich netten Familien losreißen konnten sind wir über Kashan zurück nach Teheran um endlich unsere Visa beantragen zu können. Wider Erwarten hat diesmal alles perfekt geklappt und wir waren nach einem halben Tag fertig. Genug von so vielen neuen Eindrücken haben wir beschlossen erst einmal in die Berge zu fahren. Ein netter See, weit ab vom Schuß. So dachten wir. Wir sind zurück bei der Lieblingsbeschäftigung aller Iraner. Wir landen neben Wurfzelten an einem See in dem das Baden verboten ist. Okay. Wir finden ein ruhiges Plätzchen in einer Ecke und genießen zwei ruhige Tage mit LKW schrauben und Moped fahren bevor wir uns wieder um Visa kümmern müssen. Schon Einen Monat ist es her seitdem wir die Grenze überquert haben und wir müssen unser Iran Visa verlängern denn uns gefällt es richtig gut hier. Die Bazare geben alles her was das Herz begehrt. Die Menschen sind unheimlich nett und abgesehen von den Kebabs hat auch die Küche richtig viel zu bieten…
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die Alten (Mittwoch, 15 Juni 2016 21:20)
Hallo ihr2!
Danke für den schönen Reisebericht. Wir sind beeindruckt von den schönen Bildern und Erlebnissen. Wir freuen uns schon auf den nächsten Bericht - wir leben mit!
Liebe Grüße und bis bald.
Turbo (Donnerstag, 16 Juni 2016 16:47)
Wieso muss Wendy ihr Haupthaar bedecken aber du deinen Bart nicht?
die Alten (Donnerstag, 16 Juni 2016 17:58)
Turbo, das war ein Volltreffer!
saltedlife.org (Donnerstag, 16 Juni 2016 18:19)
Denk noch mal kurz! Mein Haupthaar ist bedeckt.
Bine (Donnerstag, 16 Juni 2016 18:42)
Jedes Mal wenn ihr schreibt,bin ich einfach neidisch. Egal wo ihr seit, habt ihr das Glück tolle Flecken Erde zu finden. Vollkommen faszinierend. Was ich von meiner momentanen Umgebung nicht behaupten kann. Aber es kommt immer etwas Urlaubsfeeling durch euch auf! Danke....
Andreas Dickes (Mittwoch, 27 Juli 2016 19:40)
Ihr habt einen Traum wirklich gemacht.
Respekt! Viel Glück und Freude auf Eurer weiteren Reise.
Grüße aus Leiselheim (Paralellstraße).
Andreas